Ausgangslage
Als Erbrechtsanwalt begegnet mir häufig die Sorge von Mandanten, dass zwischen dem Tod des Erblassers und der ersten Abfrage des Österreichischen Zentralen Testamentsregisters (ÖZTR) durch den Gerichtskommissär möglicherweise Testamentsregistrierungen gelöscht worden sein könnten.
Musterverfahren gegen Notariatskammer
In einem von mir geführten Musterverfahren (6 Ob 147/24x) hat der OGH nun erstmals zu dieser wichtigen Frage Stellung bezogen. Der Fall betraf einen Mandanten, der als gesetzlicher Erbe ein Drittel des Nachlasses seines Vaters geerbt hatte, aber vermutete, dass ein Testament existierte, das ihm mehr zusprach. Die begrenzten Erfolgsaussichten einer Klage auf Auskunft gegen die Notariatskammer und die Leistbarkeit eines Prozessverlustes wurden vorab besprochen.
Aus erbrechtlicher Sicht ist die Situation eigentlich klar: Sobald der Erblasser testierunfähig wird – spätestens aber mit seinem Tod – können Löschungsaufträge bezüglich registrierter Testamente nicht mehr wirksam erteilt werden. Der wahre letzte Wille des Verstorbenen muss geschützt werden.
Der OGH hat in seiner Entscheidung zunächst einen generellen Auskunftsanspruch von Erben über gelöschte Registrierungen verneint. Dies ist problematisch, da so der Schutz des letzten Willens gefährdet wird. In der Praxis kann heutzutage mittels mit KI nachgemachter Stimmer oder mit dem Mailzugang des Erblassers vor oder nach dem Tod noch ein Löschungsauftrag an die Notariats- oder Anwaltskanzlei erteilt werden. Man muss nur wissen, wo der Erblasser zuletzt testiert hat. Eine persönliche Vorsprache des Erblassers fordern – erst recht bei telefonischem Kontakt – nach meiner Erfahrung bei weitem nicht alle Kanzleien.
Urteil des BGHS Wien
Die erste Instanz gab uns recht. Die Notariatskammer ging in Berufung.
II. und III. Instanz
Das Berufungsgericht und der OGH wiesen die Klage hingegen ab.
Allerdings zeigt der OGH am Ende seiner Entscheidung einen Weg auf: Ein Auskunftsanspruch könnte dann bestehen, wenn er sich auf vertragliche Grundlagen stützt – nämlich auf den (zugunsten des Testators geschlossenen) Vertrag über die Registrierung samt daraus resultierenden Nebenpflichten. Diese Überlegung ist wegweisend für künftige Fälle.
Voraussetzung ist allerdings der Nachweis, dass überhaupt ein Testament errichtet wurde. Dies war im konkreten Fall nicht beweisbar, sondern nur zu vermuten. Für die Praxis bedeutet dies: Wer Auskunft über möglicherweise gelöschte Testamentsregistrierungen begehrt, sollte zunächst konkrete Anhaltspunkte für die Existenz eines – registrierten (!) – Testaments darlegen können.
Als auf Erbrecht spezialisierter Rechtsanwalt und ehemaliger Verlassenschaftsrichter stehe ich Ihnen gerne für eine individuelle und ausführliche Beratung zur Verfügung und vertrete Sie bei Erbschaftsstreitigkeiten und der Abwehr oder Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.
Rufen Sie gerne an unter 0 72 42 / 6 73 73 für einen Termin (1. halbe Stunde kostenlos) oder schreiben Sie eine E-Mail an kanzlei@kirschner-recht.at.
Dr. Lorenz Kirschner
